Ste. Roche by Paalzow Henriette von

Ste. Roche by Paalzow Henriette von

Autor:Paalzow, Henriette von
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-03T05:00:00+00:00


Die Marschallin von Crecy saß in ihrem Ankleidezimmer und hörte der unschuldigen Louise zu, welche ihr von dem jungen Marquis d'Anville erzählte, mit dem sie gestern bei dem Herzoge von Lesdiguères getanzt hatte, und der gar zu heiter und liebenswürdig war, so daß sie immer durch ihn an Leonin erinnert ward, mit dem sie auch früher so habe scherzen und lachen können.

Die Marschallin hatte Nichts dagegen. Sie wußte jetzt genau, wie es mit Louise stand; diese Brücke, welche Schwestern, die ihre Brüder sehr lieben, sich durch Vergleichungen zu bauen wissen, die sie dann unwillkürlich in ein anderes Gebiet der Empfindung hinüber leiten, war ihr vollkommen bekannt. Der junge neunzehnjährige Marquis war ihrer Tochter bestimmt; doch erst nach drei Jahren sollte die Vermählung vor sich gehen, der junge Mann bis dahin entfernt werden durch den jetzigen Krieg, später durch Reisen.

Sie ließ Louise ruhig plaudern und verstärkte nur durch einzelne Worte den erregten Eindruck, sich an der harmlosen Uebergabe des holden Kindes innerlich belustigend – als dieses trauliche Zwiegespräch plötzlich durch den Eintritt dessen aufgehoben ward, den Louise noch zur Erklärung ihrer Gefühle bedurfte – Leonin stand vor Beiden.

Aber wie wenig glich er jetzt noch dem Bilde des frohen, unschuldigen Marquis d'Anville! Selbst die unerschütterliche Marschallin erschrak bei seinem Anblick, und wie ein Blitz durchzuckte sie der Gedanke: Das ist Dein Werk!

Louise flog mit einem Freudenschrei in seine Arme. Aber Leonin schauderte, als er ein anderes weibliches Wesen an die Brust drückte, von der er Fennimor so eben verstoßen. Die Marschallin sah Alles – sie fürchtete sich fast vor ihm – da er da war, mußte das vollendet sein, was sie geleitet; damit kam ihr ein kleines vorübergehendes Grauen an – die Vollendung stählte sie nicht so, wie der Eifer, sie zu erlangen.

»Leonin, Du bist krank!« rief Louise, als er sich matt und stumm von ihr los machte, um seine Mutter zu begrüßen, »ich erkannte Dich kaum!«

»In Wahrheit, mein Lieber,« sagte die Marschallin, »Sie haben keine gute Farbe – Sie müssen mit dem Arzte sprechen – Sie haben jetzt keine Zeit zum krank sein!«

»Lieber mit dem Beichtvater, gnädige Frau!« erwiederte Leonin dumpf und bitter, »es könnte nöthiger sein!«

»Ganz nach Ihrem Bedürfnisse,« sagte die Marschallin, durch diese vorwurfsvolle Entgegnung erkältet und erzürnt. – »Oft ist uns der Seelenarzt so nöthig, als der leibliche. – Der König ist bereits zur Armee abgegangen; die Königin hat ihr erstes Wiedersehen mit Seiner Majestät in Nancy, dorthin« –

»In Nancy?« unterbrach Leonin seine Mutter – »in Nancy? in der Hauptstadt des Herzogs von Lothringen? So verfügt man schon über das Eigenthum des Feindes, dessen Land man noch nicht einmal betreten hat?« –

»Mein Sohn, ich finde Ihren Ton sehr sonderbar; es scheint mir höchst unpassend, und für Sie am meisten, als eine zum Hofstaat gehörende Person, sich mit einer Art – wie soll ich sagen, um es milde zu bezeichnen – einer Art Erstaunen mindestens, über diese allerhöchsten Beschlüsse zu äußern. Wer könnte zweifeln, daß Seine Majestät heute schon das Recht hätten, sich in Amsterdam ihr Diner zu bestellen?



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